ALLEMAGNE.
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Anhang zu A, die Berufszählung von 1882 betreffend.
In ähnlicher AVeise wie die Volkszählungen, jedoch unter summarischer Zählung der
unter 14 Jahr alten Kinder, fand am 5. Juni 1882 zur Herstellung einer Berufsstatistik
eine selbständige Berufszählung statt. Dieselbe wurde je nach der Wahl der einzelnen
Staaten nach Art der zentralen (Bearbeitung des Urmaterials unmittelbar durch das sta-
tistische Reichsamt) oder der föderirten Statistik (Bearbeitung des Urmaterials seitens der
einzelnen Staaten) ausgeführt. Sie zeichnete sich vor den Volkszählungen aus nicht nur
durch genauere Vorschriften über die Angabe des Berufs und durch Fragen zur Erhebung
von Nachweisen für eine landwirtschaftliche und eine gewerbliche Betriebsstatistik, eine
Invalidenstatistik und eine spezielle Statistik der Wittwen, sondern insbesondere auch
dadurch, dass sie durch ein Gesetz angeordnet wurde. Dies Gesetz lautet:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preussen etc.
verordnen im Namen des Beichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des
Beichstags, was folgt:
§ 1. Im Jahre 1882 findet die Erhebung einer allgemeinen Berufsstatistik für den Um-
fang des Reiches statt.
§ 2. Die statistischen Aufnahmen werden von den Landesregierungen bewirkt. Die
Lieferung der erforderlichen Erhebungsformulare und die Verarbeitung des Urmaterials
erfolgt, soweit dies nicht von den Landesregierungen ■ übernommen wird, von Reichs-
wegen. Die den Landesregierungen durch die Lieferung der erforderlichen Erhebungs-
formulare und durch die Bearbeitung des Urmaterials erwachsenden Kosten werden vom
Reich nach einem vom Bundesrath festzustellenden Satze vergütet.
§ 3. Die vorzulegenden Fragen dürfen sich, abgesehen von dem Personen- und Familien-
stande und der Religion, nur auf die Berufsverhältnisse und sonstige regelmässige Er-
werbsthätigkeit beziehen.
Jedes Eindringen in die Vermögens-und Einkommensverhältnisse ist ausgeschlossen.
§ 4. Der Bundesrath bestimmt den Tag der statistischen Aufnahmen und erlässt die
zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Vorschriften.
§ 5. Wer die auf Grund dieses Gesetzes an ihn gerichteten Fragen wissentlich wahrheits-
widrig beantwortet oder diejenigen Angaben zu machen verweigert, welche ihm nach
diesem Gesetze und den zur Ausführung desselben erlassenen und bekanntgemachten
Vorschriften (§ 4) obliegen, ist mit Geldstrafe bis zu dreissig Mark zu bestrafen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiser-
lichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 13. Februar 1882.
gez. Wilhelm
(L. S.) ggez. Fürst v. Bismarck.
Bezüglich der auf den persönlichen Berufsich beziehenden Statistik (Berufsstatistik im
engeren Sinne) wurde den Zusammenstellungen — in Abweichung von den Volkszäh-
lungen — nicht die ortsanwesende Bevölkerung, sondern im wesentlichen die Wohn-
bevölkerung zu Grunde gelegt. Behufs einer gleichmässigen Bearbeitung der Ergebnisse
war, ausser den Formularen mit ausführlichen Erläuterungen, eine Klassifikation der
Berufsarten, bestehend aus 153 Nummern, vorgeschrieben. Ein im voraus ausgearbeitetes
Verzeichniss aller bekannten Berufsbenennungen mit Angabe ihrer Verteilung auf die
Berufsarten sicherte die gl eich massige Klassifikation. Ferner haben wiederholte Konfe-
renzen der Direktoren der an den Zusammenstellungs-Arbeiten betheiligten statistischen
Zentralstellen (des Reichs und von Preussen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden,
Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Braunschweig, Sachsen-Meiningen und Lübeck ; für die