Erstes Kapitel: Das römische Gut. •27 sich wiederholen werden. Das Wort curtile begegnet nns in den von Roziere und Sayous herausgegebenen Merovinger- und Karolingerformeln und ebenso in den von Tardif veröffentlichten ältesten Urkunden. Im S. Jahrhundert finden wir auf den Gütern Karls dos Grossen eben solche Gebäude für die spinnonden Sklavinnen, wie sie in den römischen massae uns ent- gegentreten;1) in der Umgegend des Klosters von St. Gallen werden noch Jahrhunderte später nach dem römischen Muster Handwerkstätten errichtet werden für Schuster, Schneider, Waffenschmiede und Glas- brenner, deren Personal sich aus Sklaven rekrutieren wird.2) Wir sahen, dass das Gutsgehöft (curtile) bei den Römern zwei Höfe in sich enthalten hat, einen für die familia urbana, den anderen für die familia rustica; in dem letzteren befand sich ein gemeinschaftliches Gebäude für die Dorfsklaven, deren Familien gesonderte Zimmer, cellae, innehatten.3) Diese Ausdrücke werden nicht auf einmal verschwinden. Bei der Aufzählung der Bestandteile eines verschenkten oder auf anderem Wege veräusserten Besitztums werden noch die Ur- kunden späterer Jahrhunderte die cellae erwähnen, aber sie werden damit eine neue Bedeutung verbinden, unter cella die Unterabteilung eines Gutes verstehen. Eine andere Besonderheit, welche sich ebenfalls Jahr- hunderte hindurch wiederholen wird, ist die Einteilung 1) S. weiter im Capitel Uber dasGut während der Karolinger- periode. 2) Arx, Geschichte von St. Gallen. — Sommerlad, Die wirtschaftliche Thätigkeit der Kirche in Deutschland (Jahrbücher für Nationalökonomie, Jena 1894, 5. Heft, S. 676). 3) 8. Seebohm, Village communities. Capitel über die römische Villa. — Fnstel, L'alleu et le domaino rural, — La villa gallo-romaine.