24 Die Ãbergangszeit. Gott und Welt stehen sich gegenüber als unendliche Ursache und endliche Wirkung. Wie es aber unser Geist ist, der philosophiert, nicht Gottes Geist in uns, so ist auch der Glaube, durch den der Mensch sich das Verdienst Christi aneignet, die freie Wirkung des menschlichen Geistes und die Fähigkeit dazu angeboren, nicht von oben eingegossen; Gott ist hier nur helfende oder entferntere Ursache, indem er hinwegräumt, was die' Kraft des Glaubens sich zu bethätigen hindert. Zur antipantheistischen Tendenz gesellt sich sodann die antiintellektualistische: das Sein und Hervorbringen ist früher und steht höher als das Betrachten, Gottes Thätigkeit besteht nicht im Denken, sondern im Schaffen und die Seligkeit des Menscheu nicht in der Erkenntnis, sondern in der Liebe Gottes, wenn auch die letztere die erstere voraussetzt. Während der Mensch, als Selbstzweck, unsterblich ist, und zwar der ganze Mensch, nicht bloà seine Seele, muà die sinnliche Welt, die nur für des Menschen Erhaltung (Fortpflanzung und Prüfung) geschaffen ist, untergehen; über ihr aber erbaut sich eine höhere Welt, die zu seiner Glückseligkeit dient. Die Hochachtung, mit der sich Leibniz über Taurellus äuÃert, erklärt sich zum Teil daraus, daà er in dessen Gedanken manche seiner eigenen vorgebildet erkennen durfte. Aus der Erkenntnistheorie gehört dahin z. B. der enge Bezug, in welchen Sinnlichkeit und Verstand gesetzt werden. Eezeptivität ist nicht Passivität, sondern (durch den Körper) gehemmte Aktivität. Alle Wissenschaften sind eingeboren, alle Menschen sind potentiell Philosophen (und, sofern sie ihrem Gewissen treu sind, Christen), der Geist ein denkendes und denkbares Universum. Die Naturphilosophie des Taurellus läÃt, die relative Wahrheit des Atomismus anerkennend, die Welt aus vielen zu formaler Einheit verbundenen einfachen Substanzen bestehen und nennt sie ein schön zusammengesetztes System von Ganzheiten. Auch die Frage nach dem Ursprung des Ãbels fehlt nicht und wird durch Hinweis auf die Freiheit und ihren MiÃbrauch erledigt. Endlich darf als wesentliches Verdienst des Mannes nicht unerwähnt bleiben, daà er gleich seinen jüngeren Zeitgenossen Galilei und Kepler mit Energie der aristotelisch-scholastischen Beseelung der Körperwelt und Vermenschlichung ihrer Kräfte entgegentrat und hierdurch der in Newton sich vollendenden modernen Naturbetrachtung vorarbeitete. 3. Die italienische Naturphilosophie. Von den Erneuerern und Bekämpfern des Alten wenden wir uns zu den Männern, welche, gleichfalls unter Bestreitung der aristotelischen Autorität, dem Naturerkennen neue Bahnen weisen. Als Vorläufer dieser Schule darf Hieron. Cardanus, Arzt in Mailand (1501â1576) betrachtet werden, dessen phantastische Neigungen durch mathematische Bildung zwar nicht unterdrückt, doch gezügelt werden. Während das Volk die Dogmen der