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Hildebrand. F. Lange.
dieser Einsicht genötigt zu haben*). Hüdebrand will da-
bei nichts von einer Scheidung der Nationalökonomie in
einen tkeoretiscken, dem Eigennutz gewidmeten, und einen
praktischen, den Gemeinsinn beriicksicktigenden Teil wissen.
„Denn" — meint er — „Eigennutz und Gemeinsinn können
nickt als zwei gesckiedene Mäckte in zwei getrennten
"Welten, sondern müssen in der "Wirklichkeit immer in sehr
verschiedenem und wechselndem Grade je nach der Morali-
tät und Bildung eines Volkes mit und durcheinander
wirken" (S. 33). Diese Auffassung war es, die Hüdebrand
veranlafst hat, den Pauperismus zum Mittelpunkt der
nationalökonomiscken Betrachtung zu machen (S. 3). So
wird es auch erklärlich, dafs Hildebrand die englische Ar-
beiterbewegung als eine „naturgemäfse Reaktion" und als
„natürliche Heilkraft des engliscken Staatskörpers" im
Kampfe mit den „nationalen Gebrecken", zu denen er unter
anderem auck die Handelskrisen zählt, ansieht (S. 231).
"Wenn nach Hildebrand ein gewisser Stillstand der von
ihm und Schütz angebahnten Richtung eingetreten war, so
dürfte dies die Folge der in den 50er und 60er Jahren
des vorigen Jahrhunderts einsetzenden Ernüchterung
(„Positivismus") gewesen sein, weshalb auch che mehr
„naturwissenschaftlich" klingenden Leliren eines Roscker
ungeteilten Beifall fanden. Es bedurfte erst eines Fried-
rich Albert Lange, um dem sozialetkischen Ideal zu
seinem Rechte zu verhelfen. Li der berühmten „Geschichte
des Materialismus und Kritik seiner Bedeutung in der
Gegenwart" (Iserlohn 1875) **) bekämpft er u. a. mit viel
Feuer und Geist den „ethischen Materialismus" (H, S. 453 ff.),
wobei er seine Spitze zunächst gegen die „Dogmatik des
*) Vgl. oben die Darstellung der Vidalschen Lehre.
**) Die erste in Iserlohn 1866 erschienene Auflage der „Geschichte"
lag mir nicht vor. Auf Belege aus anderen Schriften Langes, vor
allem aus seiner „Arbeiterfrage" (Duisburg 1865), glaube ich ver-
zichten zu dürfen, da sie genügend bekannt sind und an erkenntnis-
theoretischem Interesse seinem Fundamentalwerk bei weitem nach-
stehen.