Frankfurter Patriziervermögen: I. Der GroÃkaufmann Claus Stalburg. 1 39 Gebieten ins Leben gerufen hatte, hat auch er seinen Dienst geweiht. Dafür spricht die edle, herrliche Tracht, dafür der Bau des prächtigen, palastartigen Wohnhauses; davon berichten uns die Pfeifen und Lauten in seinem Inventar: davon muà uns auch ein weiterer Blick in seine Bibliothek überzeugen. Die Translationen oder Teutschungen des âhochgeachten" Niklas von Wyle1) dienten ihm zur Lektüre. Der Roman des Ãneas Sylvius von Euryalus und Lucretia war wahrlich nichts für die keuschen Augen und Ohren eines Asketen.2) Mit gesunden Sinnen mag Claus die Welt angeblickt und ergriffen haben. Ganz und gar ist er ein Kind seiner Zeit. Die Renaissance hatte einen neuen Begriff der Schönheit gelehrt. Sie hatte die âWichtigkeit der Form, des Schmucks, des schönen Scheins" betont.5) Ihr einfluÃreichster Herold in deutschen Landen war aber Niklas von Wyle, er, der Freund edler, vornehmer Frauen, die sein Werk teilnahmvoll und kunstverständig förderten, vor allem des âFräuleins von Ãster- reich", der Markgräfin Mechthild.4) Ihr durfte er auch âEuryalus und Lucretia" widmen, wieder ein Beweis, wieweit man in jenen Zeiten auch edlen Damen gegenüber gehen durfte, ohne schamlos genannt zu werden. Für historische Dinge scheint Stalburg auch ein groÃes In- teresse gehabt zu haben. Vor allem waren es die alten Römer, deren Literatur reichlich im Stalburgschen Hause vertreten war, so Cäsar, Livius, Vegetius, Terenz. Aber nicht nur eine âweltlich-ästhetische Kultur mit heid- nischer Färbung" war es, die Claus sich zu erwerben strebte, sondern er hatte mit den meisten deutschen Humanisten5) offen- bar als Ziel eine tüchtige formale Bildung im Auge mit stetem Hinblick auf die göttlichen Dinge. Von der deutschen Sprache war er ein Verehrer, ihren edlen Ausbau förderte er unzweifel- ') Translationen von Niklas von Wyle, herausgegeben von A. v. Keller. Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart. Bd. LV1I. 1S61. 2) Scherer a.a.O. S. 265: âWas das Publikum sucht, was die Ãber- setzer ihm gewähren, ist Unterhaltung, Aufregung, Rührung und Spannung". 3) Burdach im Centralblatt für Bibliothekswesen. S. Jahrg. 1891: Zur Kenntnis altdeutscher Handschriften und zur Geschichte altdeutscher Literatur und Kunst. S. 475 ff. *) Strauch, Pfalzgräfin Mechthild und ihre literarischen Beziehungen. Ein Bild aus der schwäbischen Literaturgeschichte des 15. Jahrhunderts. 1883. 5) Scherer a. a. O. S.271.